Eine neue Studie deckt scheinbar einen Missstand auf: Marketing verliert bei Social Media seine Zielgruppe aus den Augen, ist also mediamäßig “voll daneben”. Aber stimmt das wirklich?
Bei Facebook passen die Welten, so scheint es, noch zusammen, ganz klar: Lemminge im Strom anderer Lemminge – aber abseits davon: eine große Diskrepanz! Eine Diskrepanz zwischen den Medien, die Social Media Marketers nutzen und denen, die ihre Zielgruppen besuchen.
Das besagt jedenfalls eine Studie von Pitney Bowes Software, die vor einigen Tagen bei MarketingProfs vorgestellt wurde. Nach dieser Studie benutzen z.B. 57% der “Marketing Decision Makers” Twitter für Business Zwecke, aber nur 31% der “Consumers“.
Hier ist die ganze Vergleichsübersicht, Marketing Decison Makers vs. Consumers.
- Facebook: 84% - 93%
- Twitter: 57% – 31%
- Google+: 51% – 22%
- LinkeIn: 50% – 19%
- Youtube: 41% – 53%
- tumblr: 26% – 5%
- MySpace: 25% – 15%
Die Gegenüberstellungen sehen interessant aus, das sind in der Tat ordentliche Unterschiede. Und die Studie hat noch weitere Erkenntnisse, z.B.
- 21% der Marketing Entscheider halten Aussagen zur Corporate Responsibility für nützlich, aber nur 12% der Konsumenten
- 24% der Profis halten Newsletter für sinnvoll, aber nur 9% der Konsumenten
- 36% der Marketers halten Befragungsthemen für wichtig, aber nur 12% der Konsumenten
Das liest sich ganz nett und gibt sicher für Kamin- oder Podiumsdiskussionen wertvollen input. Und natürlich soll der Marketing-Verantwortliche “seine Medien”, i.e. die seiner Zielgruppe kennen und sie nutzen.
Doch ist das hier wirklich ein angemessener Vergleich? Wir haben einige ketzerische Fragen:
- Müssen die “Hauptmedien” des Marketing-Entscheiders denn überhaupt mit denen der Zielgruppe übereinstimmen? Marketing Entscheider sind im Vergleich zur Vielfalt der Zielgruppen doch in sich relativ homogen (Altersgruppe, Ausbildung, Einkommen) – und deren Medien sollen mit dem Mittelwert des schillernden Zielgruppen-Regenbogens deckungsgleich sein? Muss der Arzt die gleichen Zeitungen lesen wie der Patient? (Vergleich hinkt nur ein bißchen)
- Weiß die Zielgruppe, wie sie “funktioniert”? Kann und soll sie es wissen? Ihre Unkenntnis hier ist doch völlig irrelevant. Vielleicht mag sie Newsletter nicht so gern, wenn danach gefragt. Aber wenn das Medium verkauft…
- Soll die Zielgruppe Befragungen bzw. die dabei angesprochenen Themen mögen? Genügt es nicht, dass ein angemessener Teil mitmacht?
- Und ganz generell: Werden hier nicht schlicht Äpfel mit Birnen verglichen?
Eine fragwürdige Studie also aus unserer Sicht. Der naheliegende Schluss, dass mit der geeigneten Software solche Mismatches unterbleiben, hat hier wohl ein wenig die Feder geführt.
Interessant wäre natürlich so eine Erkenntnis: “Die Marketers adressieren ihre Zielgruppe bei Twitter, dabei sind die alle bei Google+” (oder umgekehrt, ein willkürliches Beispiel). Doch was würde das letztlich besagen? Dass die Verantwortlichen mehrheitlich ihren Job fundamental falsch machen, denn das ist einfaches Media-Planungs-Handwerk. Ein sehr unwahrscheinliches Ergebnis.
Fazit: einige interessante Denkanstöße, aber die Hauptnachricht zeigt eher einen Schein-”Disconnect” auf. Einen sinnvollen “Soll-Connect” gibt es so gar nicht.
Unsere primäre Reaktion darum: Na und?
Sehen Sie das ähnlich? Ist unser Urteil zu streng oder haben wir gar die Studie nicht ausreichend gewürdigt?
Ihr Feedback ist sehr willkommen!
Hinterlasse eine Antwort